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Bild: Mohamed Hassan/ Pixabay

Jan Böhmermann: Eine Twitterpause wäre desiderabel

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Hochverehrter Jan Böhmermann,

die Satirebehörde musste mit Schrecken feststellen, dass Ihr Twitterkonto und die sich darauf befindenden Tweets nicht den von der Satirebehörde festgelegten satirischen Standards entsprechen. Folgend spricht die Satirebehörde nach § 6 SatGB eine Rüge aus.

Der Vorfall

Im Auftrag der Satirebehörde hat die Bundesanstalt für die landesweit öffentliche Digitalsatire (BlöD) die Tweets von Herrn Böhmermann vom 21. Juni bis zum 30. Juni 2021 untersucht. Sogenannte Retweets sowie Kommentare wurden nicht berücksichtigt. Im Folgenden werden einige besorgniserregende Tweets zitiert.

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davon lustig

21. Juni: Auf ein Zitat von Jens Spahn über Schutzmaßnahmen in Schulen schrieb Böhmermann:

„Wie bitte? DANN KAUF JETZT SOFORT FUCKING LUFTFILTER FÜR 7 MILLIARDEN EURO ODER WENIGSTENS TABLETS UND DIGITAL GESCHULTE LEHRERINNEN, DU OTTO!!!“

Die Satirebehörde findet, Brüllen ist selten lustig und niemals Satire. Hier wäre eine Anspielung auf Spahns Vermögen und seine klimatisierte Villa wünschenswert gewesen. Außerdem ist die Satirebehörde der Meinung, dass auch männliche Lehrer ihr Wissen über Digitalität erweitern sollten. Dieses Rollendenken („jeder Mann kann mit Technik“) muss verschwinden. Man sieht am Beispiel Andreas Scheuer deutlich, dass nicht jeder Mann mit Technik kann.

22. Juni: Im Rahmen der Fußball-EM erschien dieser Tweet auf Böhmermanns Konto:

„Aus welchem Holz ist die deutsche Fußballnationalmannschaft wirklich geschnitzt?“

Die Satirebehörde ermutigt ihre Leser, die Satire, den Witz oder irgendeine gehaltvolle Botschaft in diesem Zitat zu suchen. Die Satirebehörde kann nichts dergleichen ausfindig machen.

22. Juni: Auf diesen Tweet wurde die Satirebehörde von ihrem Schirmherren Wladimir Putin aufmerksam gemacht:

„Wladimir Putin hat sicher aus Angst vor Giovannis Endabnahme wegen des Verfassens seines ZEIT-Artikels eine Woche lang keine Ruhe und Kapazität zum Russlandregieren gehabt.“

Um weiterhin die finanzielle Unterstützung und die daraus resultierende Unabhängikeit genießen zu können, muss will die Satirebehörde diesen Tweet missbilligen.

23. Juni: Ein weiterer Tweet behandelte das Thema LGBTQ:

„Stop mal eben ganz kurz: Wofür steht die Regenbogenfahne eigentlich?“

Den Rechtschreibfehler verzeiht die Satirebehörde. Nicht verzeihbar ist der Verstoß gegen § 1 Absatz 6 SatGB, welcher besagt: Wesentlicher Bestandteil von Satire ist das Vorhandensein eines Witzes, einer Pointe sowie einer Handlungsabsicht oder eines Ziels. Das oben angeführte Zitat erfüllt keines der drei Kriterien.

26. Juni: Böhmermann veröffentlichte an diesem Tag zwei Tweets zu Sebastian Kurz:

„Wenn Österreich geschlossen und treu Sebastian Kurz folgen würde, wäre das nicht passiert.“

 

„Schade, Österreich. Wenn Ihr Sebastian Kurz mehr lieben würdet, hätte er Euch den Sieg über Italien geschenkt heute.“

Ein lässiger Kommentar über seinen Nachnamen kam jedoch zu kurz. Die Satirebehörde ist enttäuscht.

27. Juni: Hier echauffiert Böhmermann ein Artikel vom Spiegel zu UFO-Meldungen:

„Ja, ist ja gut jetzt. Herrje!“

Und auch hier ist Satire fehl am Platz. Die Satirebehörde wundert es allerdings, dass Böhmermann nicht die Selbstironie in seinem Zitat erkennt (siehe Twitterkonto von Jan Böhmermann). Außerdem war das eine der weniger reißerischen Überschriften des Spiegels und das, obwohl er seit längerem versucht, BILD-Niveau zu erreichen.

29. Juni: Insgesamt folgten 15 Tweets zum Fußballspiel Deutschland gegen England. An dieser Stelle könnte es den Anschein haben, dass Herr Böhmermann seine Berufung leicht verfehlt hat. Die Satirebehörde wünscht dennoch viel Erfolg als Fußballkommentator und/oder Bundestrainer. Dies erspart ihr künftig viel Arbeit.

30. Juni: Am Morgen darauf veröffentlichte Böhmermann nach nur vier Tweets diesen hier:

„Hat jemand eine gute Idee für Content?“

Wenig überraschend, denn Herr Böhmermann hat seine ganze Satirekraft in die 15 Fußball-Tweets vom Vorabend gesteckt. Deshalb entgegnete die Satirebehörde mit dieser Idee:

„Jedes Mal, wenn Ihnen nichts einfällt, legen Sie Ihr Smartphone für eine Stunde zur Seite.“

Die Satirebehörde wird dies selbstredend weiterverfolgen, um sicherzustellen, dass die Content-Idee auch zielführend umgesetzt wird. In dem Fall könnte die Satirebehörde auf weitere Rügen verzichten.

Weitere Auffälligkeiten: Es finden sich vermehrt Tweets zur UEFA und der Regenbogenflagge. Dies ist zwar wenig frappierend, allerdings war kein einziger Tweet satirisch hochwertig. Nach der Auswertung aller Tweets ist aber auch das wenig frappierend.

Ferner sind Böhmermanns Retweets in der Regel nicht satirischer Natur und wenn sie es sind, dann sind sie besser als sein eigener Inhalt. Das kann hin und wieder passieren, sollte aber nicht die Norm werden.

Die Bewertung

Das zur Bewertung vorliegende Satire-Erzeugnis (Jan Böhmermanns Twitterkonto und die sich darauf befindenden Tweets vom 21. Juni bis zum 30. Juni 2021) wird – wie im § 4 Absatz 4 SatGB festgelegt – auf folgende Kriterien geprüft:

Humor: Nach der stichhaltigen Analyse besteht kein Zweifel daran, dass sich Böhmermanns Twitterkonto zunehmend von witziger Satire entfernt. Von 65 überprüften Tweets sind nach mehrmaliger Begutachtung lediglich 7 lustig. Das entspricht einer Quote von knapp 10 Prozent. Zur Verdeutlichung: Das sind sogar weniger Prozentpunkte, als Olaf Scholz bei der Bundestagswahl erwarten kann.

Originalität: Hinter Böhmermanns Tweets verstecken sich keine Plagiatsversuche. Dies ist zwar erfreulich, allerdings wäre der Satirebehörde lieber, wenn Herr Böhmermann diese Regel brechen und dadurch die Humorquote auf seinem Twitterkonto steigern würde. Die Satirebehörde behält sich vor, bei einem Plagiatsversuch eine erneute Rüge auszusprechen.

Absicht: Ein Ziel ist nicht immer zu erkennen und nur selten satirisch gut umgesetzt.

Die Strenge der Rüge

Nach § 6 Absatz 3 SatGB ist außerdem die Schärfe der Rüge für das vorliegende Satire-Erzeugnis (Jan Böhmermanns Twitterkonto und die sich darauf befindenden Tweets vom 21. Juni bis zum 30. Juni 2021) festzustellen:

Intention: Die Intention hinter Böhmermanns Tweets ist vermutlich harmlos, dennoch ist die hohe Frequenz der Veröffentlichungen besorgniserregend.

Botschaft: Die Botschaft der Tweets, sofern eine enthalten, wird meist stringent vermittelt, dennoch fehlt es ihr zumeist an Gehalt.

Gesellschaftliche Relevanz: Da Herr Böhmermann mit 2,3 Millionen Followern mindestens 2,3 Millionen potenzielle Menschen erreicht, spielt sein Twitterkonto eine relevante Rolle für die satirische Gesellschaft. Gerade deshalb ist es umso wichtiger, dass Herr Böhmermann seinen Twitterauftritt im Kontext der Satire verbessert.

Das Fazit

Mit einer enormen Reichweite beeinflusst Böhmermann in gewisser Weise die bundesweite Satire. Deshalb ist es wichtig, gesunde Satire zu veröffentlichen, welche lustig und in guter Absicht verbreitet wird. Das kann nur gewährleistet werden, wenn man sich an die Bestimmungen des Satiregesetzbuches hält.

Die Satirebehörde kommt daher zum Entschluss, dass Jan Böhmermann eine lange Twitterpause einlegen müsste, um seine Satirefähigkeit aufzuarbeiten und das Satiregesetzbuch zu verinnerlichen. Unter acht Monaten sollte diese Pause nicht andauern. Die Satirebehörde wird die Umsetzung mit einem strengen Auge kontrollieren.

Im tiefsten Entsetzen,

Ihre Sachbearbeiter der Satirebehörde