Bild für den Beitrag: Martin Sonneborn - Syrienangriff
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Old but Gold: Martin Sonneborn und die scharfe Satire gegen Syrienangriff

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Sehr geehrte Europäer, hochverehrte Satire-Politiker,

die Sachbearbeiter der Satirebehörde untersuchen und bewerten im Folgenden eine Rede des Partei-Politikers Martin Sonneborn, ehemaliger Chefredakteur des Satire-Magazins Titanic und seit 2014 Abgeordneter im Europaparlament.

Die Überprüfung und Bewertung stellt insofern ein Novum dar, als dass es sich um eine politische Rede handelt, die Sonneborn vor mehr als drei Jahren gehalten hat. Die Satirebehörde hat sich aber entschlossen, sie trotzdem zu analysieren – da sie heute immer noch aktuell ist und als Beispiel für weitere Reden gelten kann. Zudem hat Sonneborn sie bis heute an seinem Twitterprofil angepinnt, weshalb darauf zu schließen ist, dass er ihr eine besondere Bedeutung einräumt oder vergessen hat, sie zu entfernen.

So viel sei vorweggenommen: Die Satirebehörde spricht Martin Sonneborn für die Rede „Auf ein Wort, Monsieur Macron …“ ein Sonderlob aus. Zuletzt erhielt das Browser Ballett ein Sonderlob.

Der Inhalt

In der rund einminütigen Rede spricht Martin Sonneborn gleich etliche Kritikpunkt auf satirische Weise an. Aber der Reihe nach.

Hintergrund der Rede ist die Debatte, ob sich Deutschland an Luftangriffen gegen Syrien beteiligen solle, die USA, Frankreich und Großbritannien schossen Dutzende Raketen auf Syrien. Angela Merkel erteilte der deutschen Teilnahme eine Absage, die FDP kritisierte das scharf.

Zunächst weist Sonneborn „aus Gründen“ – die nicht näher benannt werden – daraufhin, dass es verboten sei, „Marschflugkörper in fremde Länder zu schießen“. Ins eigene Land stellt es hingegen nur eine Ordnungswidrigkeit dar (und es wäre unclever).

Dann richtet er sich an Alexander Graf Lambsdorff, FDP-Politiker, der zuvor im Bundestag die Absage Deutschlands scharf kritisiert hatte. Herr Sonneborn empfiehlt ihm, selbst in den Krieg zu ziehen. „Fallschirmspringen hat ja eine gewisse Tradition in der FDP. Zwinkersmiley.“ Die Satirebehörde stimmt zu, denn so pflegt jede Partei ihre Tradition: Die CSU etwa hievt gerne unfähige Leute ins Verkehrsministerium, zum Beispiel Andi B. Scheuert.

„Die Bundeswehr allerdings können wir nicht mitschicken, die ist kaputt“, so Sonneborn weiter. Sein Vorschlag stattdessen: „Die könnte höchstens defektes Militärgerät auf Assads Palast abwerfen. So ein Leopard II aus 8.000 Metern Höhe knallt da ganz schön rein.“ Mittlerweile könnte man auch die unbrauchbaren Masken von Jens Spahn abwerfen, denn da haben sich sicherlich einige Tonnen angesammelt.

Anmerkung: Was wiegt mehr: Ein Kilo Panzer oder ein Kilo unbrauchbare Masken von Jens Spahn signiert?

Anschließend kritisiert Sonneborn noch „einen brutalen Angriffskrieg“ der Türkei. Den Schirmherren der Satirebehörde Recep Tayyip Erdogan nennt er dabei liebevoll „Irrer vom Bosporus“. Unser Schirmherr bestätigt, dass seine Enkelkinder ihn ebenfalls so nennen.

Am Ende der Rede wendet sich Sonneborn an den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der „große Reden an der Sorbonne halte“ und sich am Angriffskrieg gegen Syrien beteiligt. Sonneborn stellt den Bezug zur Aufklärung her, die ihren Ursprung in Frankreich hat. „Zuerst wird aufgeklärt, dann geschossen – nicht umgekehrt“, so Sonneborn. „Wie wollten Sie sich vor Voltaire und Diderot rechtfertigen? Fragen Sie doch mal Ihre Frau, die könnte mit beiden noch persönlich bekannt gewesen sein.“

Für den letzten Satz seiner Rede hat Sonneborn harsche Kritik erhalten (siehe Fazit), spielt er doch auf den großen Altersunterschied zwischen Macron und seiner Ehefrau Brigitte Macron an. Sie ist immerhin 24 Jahre älter als der französische Präsident. Aber dafür schätzungsweise 800 Jahre jünger als die Queen.

Die Bewertung

Das zur Bewertung vorliegende Satire-Erzeugnis (Martin Sonneborn, 17. April 2018: „Auf ein Wort, Monsieur Macron …“) wird – wie im § 4 Absatz 4 SatGB festgelegt – auf folgende Kriterien geprüft:

Humor: Die Sachbearbeiter mussten beim Betrachten der Rede mehrfach lachen, was als Zeichen für enthaltenen Humor gewertet werden kann. Sonneborn bedient sich vor allem des schwarzen Humors, etwa wenn er den Vergleich zum möglichen Suizid Jürgen Möllemanns zieht.

Originalität: Die Satirebehörde geht davon aus, dass dieses Kriterium erfüllt ist. Eine ähnliche Rede konnte nach einer akribisch durchgeführten Suchmaschinenrecherche nicht gefunden werden. Verwendet wurden Google, Bing und DuckDuckGo.

Absicht: Sonneborns Absicht – die Kritik an dem Angriffskrieg in Syrien – wird an vielen Punkten deutlich. Auch die Vielschichtigkeit seiner Kritik zeigt sich. So verurteilt er etwa die Offensive Frankreichs; aber auch die Kritik an FDP-Politiker Lambsdorff für seine Vorschläge wird ersichtlich. Mit einem Seitenhieb macht sich Sonneborn zudem über die Ausstattung der Bundeswehr lustig.

Das Fazit

Im Gegensatz zu Jens Spahn besitzt Martin Sonneborn eine breite politische Kompetenz, was die Satirebehörde nachdenklich macht, wer von den beiden eigentlich der Satire-Politiker ist. Neben politischer Akribie zeichnen sich die Rede und Herr Sonneborns Gesamtauftritt in der Politik durch Witz, sprachliche Bilder sowie schlagfertigen Gegnerbezug aus. Die Satirebehörde spricht daher Martin Sonneborn ein Sonderlob aus.

Anmerkung: Die Satirebehörde rät Sonneborn nach dem Ausscheiden aus dem Europaparlament zu einer Karriere als Battlerapper.

Für seinen letzten Satz der Rede, die Anspielung auf den Altersunterschied innerhalb des Ehepaares Macron, entschuldigte sich Sonneborn mehrfach. Es bleibt offen, wie ernst er die Entschuldigungen jedoch meinte.

Fakt ist: Die Satirebehörde hat diese Äußerung in der Rede nochmals explizit untersucht und keinen Verstoß gegen das Satiregesetzbuch gefunden. Die Äußerung ist durch § 2 Abs. 1 SatGB gedeckt.

Denn man muss sie im Gesamtzusammenhang der Rede betrachten: Es ist durchaus möglich, einen bissigen Kommentar in Richtung der Ehegattin des französischen Präsidenten zu machen, wenn er die Absicht des Satire-Erzeugnisses unterstreicht. Zudem gilt: Der Witz über ihr Alter ist sinnvoll eingebettet und durch die bewusste Übertreibung nicht plump. Jedem Zuhörer sollte klar sein, dass Brigitte Macron unmöglich Voltaire und Diderot kennen kann – zumindest nicht persönlich.

Anmerkung: Martin Sonneborn hätte aber auch auf das Kennenlernen zwischen Brigitte und Emmanuel Macron anspielen können. Schließlich war sie seine Lehrerin. Möglicherweise hätte sich hier also auch eine Pointe angeboten.

Es bleibt zu sagen, dass Martin Sonneborn durch solche Reden beweist, dass er den politischen Betrieb verstanden hat und harsche Kritik auf humorvolle Art äußern kann. Kurz gesagt: Die Rede ist „old but gold“, ähnlich wie Macrons Ehegattin Brigitte.

Im tiefsten Entsetzen,

Ihre Sachbearbeiter der Satirebehörde